Warum bin ich hier?

Warum bin ich hier?
Als Kind bin ich einfach da und stelle mir diese Frage nicht. Von Augenblick zu Augenblick lebe ich und tue das, was zu tun ist. Ich geh auf in meinem Spiel und in den einfachen Tätigkeiten meines Daseins.
Als Erwachsener gelingt mir das, wenn ich mich ganz auf eine Tätigkeit einlasse. Einfach da sein, einfach nur tun, einfach leben.
Das wäre dann schon alles, um ein glückliches und gutes Leben führen zu können von der Geburt bis zum Tod.
In der Regel gelingt das nicht. Weil sich etwas dazwischen schiebt, etwas sehr dominantes und einnehmendes. Mein Bewusstsein und die Fähigkeit, mich aus der Distanz zu beobachten, Fragen zu stellen, zu zweifeln und überhaupt zu denken und aus diesen Gedanken Konzepte über mich, die Welt und mein Leben zu konstruieren. Darüber geht mir dann der wahre Bezug zu meinem Leben verloren und ich kann nicht mehr nur „einfach tun“.
Im Gegenteil, mein Tun ist dann begleitet von den Gedanken über Sinn und Nützlichkeit. Letztlich betrachte ich meine Welt nur noch unter diesem Aspekt, des Nutzens und Gebrauchens. Darüber werde ich schnell unzufrieden und unglücklich.
Meine Arbeit, mein Leben, mein Alltag, meine Beziehungen, meine Freunde, mein Partner, alle erfüllen nicht meine wirklichen Bedürfnisse. Muss ich nicht sogar mehr geben als ich zurückbekomme?
Solche Gedanken können mich regelrecht auffressen und mir mein Leben im Alltag verleiden. Auch wenn ich nicht unter schwierigen Lebensbedingungen zu leben habe, wenn meine Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Wohnung, Nahrung, Arbeit, sozialen Beziehungen und Gesundheit gesichert sind, objektiv gesehen es also kaum Anlass geben würde zu leiden, bleibe ich unglücklich.
Eine Welt, die ich nur unter dem Aspekt des Gebrauchens und ihrer Nützlichkeit sehe, kann mich auf Dauer niemals befriedigen. Auch ein immer mehr und ein immer anders bringt keine Lösung. Am Ende folgt auf jedes flüchtige Glück eine erneute Ernüchterung.
Wir fühlen uns ins Leben geworfen, wir sind ja vorher nicht gefragt worden. Jetzt sollen wir sehen, wie wir damit zurecht kommen. In unserer Geschichte haben wir viele religiöse Traditionen und andere Ideologien entwickelt, die uns zu irgendeiner Form von Einheit und Ganzheit zurückführen sollen. Doch auch sie scheitern und wir mit ihnen. Eine Vielzahl von Psychotherapien sollen uns heil machen, in dem sie alte Vorstellungen durch neue ersetzen. Aber es bleiben immer Vorstellungen und Konzepte.
Wenn wir durch einen Wald spazieren, stehen die Bäume einfach da. Machen sie sich Gedanken, ob der Platz auf dem sie stehen, der richtige ist? Dabei gibt es große Unterschiede in ihren Start- und Lebensbedingungen. Je nachdem, wohin ein Same fällt, hat er es leichter oder schwerer oder vielleicht gar keine Chance, emporzuwachsen zum Licht.
Wenn wir Kinder beobachten, die in ihrem Spiel vertieft sind, was können wir dabei erfahren?
Einfach das tun, was zu tun ist, jeden Augenblick. Einfach da sein.
Obwohl der Winter noch nicht einmal richtig begonnen hat, ziehen die Gänse schon wieder zurück aus ihren Winterquartieren. In herrlichen Formationen ziehen Sie über den Himmel.
Wir sind niemals aus dieser Einheit und Ganzheit herausgefallen, wir können sie jeden Augenblick erfahren. Das tun wir auf dem Zen-Weg.