Der lachende Buddha

Buddah Säule

Buddha lacht, Buddha weint,
was gibt es zu lachen, was gibt es zu weinen? Unsere Welt gibt wahrlich genug Anlass, zum Weinen. Was wir Menschen uns gegenseitig und unseren Mit-geschöpfen tagtäglich antun, rührt zu ununterbrochenem Weinen. Wer mitfühlen kann, kann sich dem nicht entziehen, doch ich lasse mich nicht von den Tränen überwältigen, sondern handle, um den Leidenden zu helfen. Leid, was vor allem entsteht, weil wir die Welt aus unserem egozentrischen Tunnelblick betrachten und alles verachten, was uns dabei fremd und verschieden erscheint. Davon fühlen wir uns angegriffen und kämpfen, obwohl niemand uns wirklich bedroht hat. Bedroht ist immer nur unser Status, das Bild, das wir von uns haben. Vor lauter Angst um unsere Vergänglichkeit oder weil wir uns klein und verlassen fühlen, blasen wir uns auf Kosten anderer auf.
Wenn wir uns hingegen weniger ernst nehmen und unser Ich und unsere Identität als einen zwar notwendigen, aber unvollständigen Prozess verstehen, wenn wir also unsere Fähigkeit, uns mit Abstand zu betrachten, ausgiebig nutzen, bleibt uns eigentlich nichts anderes übrig, als herzhaft über uns selbst und unser Tun zu lachen. Was sind wir doch für lächerlich eingebildete Geschöpfe. Wir tanzen um das goldenen Kalb anstatt uns selbst zu feiern.
In unserer Sangha ist der „Lachende Buddha“ ein Leitbild und seine Statuen sind überall im Gelände und auch im Zendo zu finden. Diese Buddha-Statuen repräsentieren Budai (chinesisch) oder Hotei (japanisch) und gehen zurück auf die halblegendäre Gestalt des lebenslustigen Mönches Ch’i-tz’u, jap. Keishi, der im 10. Jahrhundert durch China wanderte und die Tugend der Selbstgenügsamkeit verkörperte, indem er all seinen Besitz in einem Sack mit sich herumtrug und daraus noch an Arme und Kinder verteilte. In China, weniger in Japan, wo er heute eine allerseits beliebte Rolle als eine Art Weihnachtsmann spielt, gilt er als Inkarnation des Maitreya, des Buddhas der Zukunft, der den Menschen Erleuchtung und Erlösung bringt. In der komplexen buddhistischen Philosophie wird immer wieder über die Ankunft eines oder mehrerer künftiger Weltlehrer spekuliert, ein in vielen Religionen und Konfessionen zu findender Mythos.
Im Zen interessiert uns kein künftiger Buddha, auf den wir unsere Erwartungen und Hoffnungen richten können, auch wenn wir den volkstümlichen Glauben an einen Erlöser respektieren. Im Zen interessiert uns der Buddha jetzt, in diesem Augenblick. Wenn ich ihn gerade jetzt erfahre, gibt es keinerlei Unterschied. Wenn ich jetzt vom Ich erwache, ist nur Buddha. Dann trete ich, wie im 10. Bild des Ochsen-Gleichnisses beschrieben, lachend auf den Markplatz, „die Wangen überströmt von mächtigem Lachen“. Dann bin ich selbst der Lachende Buddha.
Lachen ist Lösung, indem ich über mich selber lachen kann, löse ich mich von allem Anhaften. Wer gerne lacht, weiß das. Lachen tut gut, Lachen erlöst, Lachen befreit mich von allen Zwängen. Gut, sie kehren gerne und schnell zurück, umso mehr muss ich ihnen lachend begegnen. In Medizin und Therapie sind die vielfältigen positiven Wirkungen des Lachens seit langem bekannt und werden zunehmend praktiziert. Ärzte verwandeln sich auf Stationen für schwerkranke Kinder und Erwachsene in Clowns und Therapeuten kitzeln ihre Patienten.
Als Lachender Buddha begegne ich der Welt. Ich lache niemanden aus, ich lache Dich an, damit Du einstimmst in meine Freude. Über mich selbst und über die Welt lachen, bedeutet, mich immer wieder von allen Vorstellungen und Konzepten zu lösen. So entspanne ich mich und werde durchlässig für das, was zu tun ist. So lasse ich auch jedem Weinen wieder ein Lachen folgen, es wird immer wieder gut, dann tut es nicht mehr so weh. Wenn ich mich lösen kann, wenn ich eben nicht festhalte, bin ich im Fluss, mal weinend, mal lachend.
Wir sind gewohnt, über einen guten Witz zu lachen. Gibt eBuddah kleins im Grunde einen besseren Witz als uns selbst? Schau‘ mal in einen Spiegel! Was siehst Du da? Darüber kannst Du nur lachen, kein Lachen aus Verlegenheit, Mitleid oder Scham sondern ein kräftiges, liebevolles Lachen.

Wir nehmen uns an, wir lassen uns los,
wir atmen ein, wir atmen aus,

wir spüren die Liebe in uns, wir lachen.

 

"Leere Wolke" Zen Linie Willigis Jäger